Lebensraum Helmazurjungfer - Foto: Samuel Ehrenbold Samuel Ehrenbold
18.10.2021

Eine zarte Libelle braucht unsere Unterstützung

Die schweizweit gefährdete Helmazurjungfer kommt im Kanton Luzern derzeit nur im Reusstal zwischen Emmen und Honau an einigen wenigen Bächen und Gräben vor. Die Verantwortung, diese lokalen Vorkommen so gut wie möglich zu schützen, ist gross. Pro Natura Luzern setzt deshalb in Zusammenarbeit mit dem Kanton und Landwirten seit 2020 Förderungsmassnahmen um. Diese kommen nicht zuletzt vielen weiteren Tier- und Pflanzenarten der Fliessgewässer zugute.

Dass für eine stark gefährdete, nur sehr lokal verbreitete Art bisher keine spezifischen Massnahmen zu deren Schutz getroffen wurden, erstaunt. Denn solche sind dringend nötig, denn die Gefahren für die unscheinbare Art und ihren Lebensraum sind zahlreich: Eine zu starke Beschattung von Gräben und Bächen mit Sträuchern und Bäumen verhindert das Aufkommen von Unterwasserpflanzen, auf welche die Helmazurjungfer angewiesen ist. Eine zu üppige Wasser- und Ufervegetation behagt ihr hingegen auch nicht. Problematisch ist das Räumen von Gräben mit dem Bagger, da mit jeder Schaufel Material auch zahlreiche Wassertiere entfernt werden. Und schliesslich ist die Verschmutzung von Fliessgewässern für alle Wasserlebewesen eine tödliche Gefahr.

Pflege ist der Schlüssel zum Schutz

Pro Natura Luzern setzt deshalb mit Unterstützung durch den Kanton Luzern ein Artenförderungsprojekt um. Ziel des Projekts ist es, den fragilen Bestand dieser Kleinlibelle langfristig zu schützen, indem der Unterhalt der kleinen Fliessgewässer zusammen mit den Bewirtschaftern optimiert und langfristig gesichert wird. Die Pflege- und Aufwertungsmassnahmen basieren auf einem Konzept, welches Pro Natura Luzern vorgängig erstellen liessen. In einem Pilotprojekt werden bis 2023 an ausgewählten Bächen und Gräben zusammen mit den Bewirtschaftern verschiedene Pflege- und Aufwertungsmassnahmen umgesetzt und deren Wirksamkeit überprüft.

Schonende Pflege mit dem Mähkorb

Vielversprechend ist der Einsatz des in der Region noch wenig bekannten Mähkorbs, mit dem in einem Arbeitsschritt sowohl Böschungen als auch die Wasservegetation schonend gemäht werden können. An ausgewählten Gewässerabschnitten kam der Mähkorb bereits zum Einsatz. Das Echo der beteiligten Landwirte war positiv, da mit dem Mähkorb einerseits der Wasserfluss verbessert und andererseits eine sukzessive Abtiefung der Gewässersohle verhindert werden kann. Die provisorischen Erkenntnisse der im Sommer erstmals durchgeführten Erfolgskontrolle stimmen ebenfalls zuversichtlich: die bearbeiteten Abschnitte waren auch nach dem Pflegeeingriff von der Helmazurjungfer besiedelt und die Gewässervegetation war teilweise deutlich weniger üppig. Die bisher umgesetzten Massnahmen werden fortgesetzt und auf zusätzliche Gewässer ausgedehnt. Einen besonderen Fokus richten wir ab 2021 zudem auf die Pflege von stark mit Gehölzen zugewachsenen Gräben und Bächen.

Lebensraum der Helmazurjungfer Samuel Ehrenbold
Lebensraum der Helmazurjungfer in Honau © Samuel Ehrenbold

Reuss braucht mehr Platz

Vom Vierwaldstättersee bis zur Kantonsgrenze fliesst die Reuss auf rund 16 Kilometern durch städtische und vorstädtische Gebiete, entlang von Wäldern und landwirtschaftlich genutzten Wiesen und Äckern. Die Reuss ist massgeblich verantwortlich für die hohen Grundwasserstände und begünstigt damit indirekt das Vorkommen der Helmazurjungfer. Die Reuss ist ein beachtlicher Fluss, doch steht ihr erstaunlich wenig Platz zur Verfügung. Die Uferbereiche sind meist schmal, die Verbauungen überall sichtbar. Grössere Schwemmflächen, Altarme oder Kiesinseln sucht man vergebens. Das ökologische Potential kann dieses Gewässer nicht ausschöpfen. Die engen Platzverhältnisse führen auch immer öfter zu brenzligen Hochwassersituationen und teuren Schäden an Gebäuden, Brücken und Strassen. Seit einigen Jahren ist deshalb das Hochwasserschutz- und Renaturierungsprojekt Reuss in Planung.

Hochwasserschutz auf Kosten gefährdeter Arten?

Die öffentliche Auflage des Hochwasser- und Renaturierungsprojekts Reuss erfolgte 2019. Pro Natura Luzern hat damals zusammen mit BirdLife Einsprache eingereicht. Darin bemängelten wir insbesondere, dass im Rahmen des Projekts auf die punktgenaue Erhebung von Tier- und Pflanzenarten verzichtet, im Widerspruch dazu jedoch standortgenaue Massnahmen geplant wurden. Von einer solchen «Renaturierungsmassnahme» wäre auch die Helmazurjungfer betroffen. Diese Art lebt seit Jahren auch am Honauerbach im Gebiet des «Honauer Schachen», eine landwirtschaftlich genutzte Ebene im Einflussbereich der Reuss. Dort sieht das Reuss-Projekt eine Aufweitung vor. Hierzu würde der Honauerbach auf einer Länge von rund 950 Meter zugeschüttet und das Gelände grossflächig mit 1 bis 2 Meter Material überdeckt. Mehrere Zuflüsse in den Honauerbach würden neu direkt in die Reuss geleitet. Zielgerichtete Ersatzmassnahmen für die Helmazurjungfer sieht das Projekt nicht vor. Damit würde ein aktuell besiedelter Lebensraum der Helmazurjungfer zerstört und das Vorkommen der Art im Luzerner Reusstal massgeblich gefährdet. Es liegt auf der Hand, dass Pro Natura Luzern ein solches Vorhaben nicht unterstützen kann.

Samuel Ehrenbold, Projektleiter/Stv. Geschäftsführer

Das Artenförderungsprojekt Helmazurjungfer wird durch den Kanton Luzern, Pro Natura und Pro Natura Luzern finanziert. Mehr Infos unter pronatura-lu.ch/helmazur

 

Beitrag aus der Mitgliederzeitschrift Lokal 2-2021

Helmazurjungfer Samuel Ehrenbold
Männchen der Helmazurjungfer © Samuel Ehrenbold

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Lebensraum der Helmazurjungfer in Honau © Samuel Ehrenbold

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